
Wenn man alten Überlieferungen glauben mag, steuerten im August 1124 drei Schiffe eines Wolliner Kaufmanns Stettin an, die das Leben mit ihrer Ankunft maßgeblich verändern sollten – denn: Auf ihnen reiste der heute als Pommernapostel bekannte Otto von Bamberg mit 18 priesterlichen Begleitern aus Franken. Er war von dem polnischen Herzog Boleslaw herbei gerufen worden, um die unterworfenen Pommern zum Christentum zu bekehren.
So war er denn von Pyritz über Cammin und Julin (Wollin) dem wichtigsten Handelsplatz des Landes zugestrebt, denn die Juliner hatten ihm erklärt, dass sie nur dem Beispiel der ältesten und angesehenste Stadt Stettin, einer Siedlung von vielleicht 6.000 dort lebenden Wenden, folgen wollten. Gemeinsam mit dem Burggrafen Paulitz soll er also vor den Rat gezogen, um seine Absichten vorzustellen. Jedoch hielt sich deren Interesse an der christlichen Missionierung des Bamberger Bischofs von Anfang an im Zaun. Aber: Sie ließen ihn gewähren, wohl wissend, dass er kaum auf offene Ohren stoßen würde.
Zwar erregten die Fremden in ihren Messgewändern in den nun folgenden Tagen und Wochen auf dem Markt die Aufmerksamkeit der Einwohner, doch ein Erfolg war ihnen dennoch nicht beschieden. Dies änderte sich erst als der Bischof Paulitz zu Boleslaw entsenden wollte, um anzufragen, ob er noch länger in der trotzigen Stadt verharren sollte. Erschrocken wollten nun auch die Stettiner Gesandte senden. Bevor diese jedoch von Boleslaw zurückkehrten, ließen sich nun zwei Söhne des reichen Stettiners Domizlaff erweichen. Sie wurden ohne Wissen der Eltern getauft. Als ihre Mutter, eine aus einem Land mit christlichem Glauben entführte Frau, nun davon hörte, soll sie bestürzt zum Bischof geeilt sein. Zu seinen Füßen fand sie die beiden Söhne in neuen Gewändern vor und ihre Erinnerung an Heimat und Glauben sollen sie dazu gebracht haben, dem Beispiele der beiden Kinder zu folgen. Ebenso erging es dem zunächst entrüsteten Vater, der sich jedoch schon bald mit 500 zu seinem Hausstand gehörenden Leuten dem Christentum zuwandte. Sie alle ließen sich taufen.
Die Kunde eilte nun rasch durch Stettin und den Oberpriester Triglaffs, ein heidnischer Götze, dazu, eine Zusammenkunft anzuberaumen. Zum gleichen Zeitpunkt sollen auch die Stettiner Gesandten und Paulitz eingetroffen sein. Letzterer verlas einen lateinisch abgefassten Brief von Boleslaw, der den Stettinern Mord, Brand und Feindschaft schwor, wenn sie sich nicht dem Christentum zuwenden würden. So sie sich aber taufen ließen versprach er ihnen Frieden, Schutz und Beistand.
Damit gab es auch bei den Stettinern einen Meinungsumschwung. Der Götzenpriester musste die Versammlung verlassen und Otto von Bamberg wurde hinzu geholt. Dieser rüste sich mit seinen Getreuen durch Messe und Abendmahl, um dann die vier Götzentempel – in Stettin „Gontinen“ genannt – zu zerstören. Nachdem das Volk sah, das niemand die Christen strafte, wie sie alles abbrachen, schritten sie dann zum Bau zweier Kirchen. Die eine, die sich innerhalb der Stadt befand, weihten sie dem heiligen Adalbert. Die andere Kirche, die sich am Fuße des Burgwalles befand, wurde den Apostelfürsten Petrus und Paulus geweiht. 900 Familien sollen in diesem Zuge für das Christentum gewonnen worden sein…
Doch fielen die Stettiner noch einmal vom Glauben ab, da sie sich mehr aus Angst vor den Polen hatten taufen lassen. Erst die Rückkehr Otto von Bambergs nach Stettin mit Unterstützung des Pommernherzogs Wartislaw im Jahre 1128 sorgte erneut für einen Umschwung. Furchtlos stellte er sich wieder den durch Götzenpriester aufgebrachten Stettinern entgegen, zerstörte einen zwischenzeitlich errichteten Götzenaltar, bewahrte aber seine Gegner auch vor den ebenfalls in Wut gebrachten Christen unter den Stettinern. Der Rat der Stadt hatte indessen den erneuten Übertritt zum Christentum beschlossen, der am Folgetag mit einer Messe und der Aufnahme der Heiden in die Kirche begangen wurde. Der neue Glaube war ohne einen Tropfen Blut zu vergießen, nun endgültig und im Frieden angenommen worden. Zu den Wenden wanderten nun auch die Deutschen ein und schrieben nun gemeinsam die Geschichte vom „Land am Meer“.
Veranstaltungen im Gedenkjahr:
11.04.2024: Vortrag „Die Missionsreisen Ottos von Bamberg 1124/25 und 1128 nach Pommern und ihre Auswirkungen auf die Region Vorpommern“ und Exkursion zum Kirchplatz und Schlossberg, Gützkow / 11.06.2024: Gottesdienst in Stettin / 11.07. – 31.10.2024: Sonderausstellung „Welt im Wandel – Otto von Bamberg und die Christianisierung Pommerns vor 900 Jahren“, Stadtgeschichtliches Museum Wolgast / 27.10.2024: „Otto-Musical“, 17 Uhr, Gützkow / 5.07.2024: „Otto-Musical“, 17 Uhr, Barther Marienkirche /
Nachtrag:
Das Foto oben zeigt übrigens das Relief über dem Eingang der Wartislaw-Gedächtniskirche. Zu sehen sind Jesus (Mitte) mit dem Pommernapostel Otto von Bamberg (rechts) und dem Pommernherzog Wartislaw (links). Das Foto unten zeigt die Arbeit eines Bildhauers aus dem Rheinland im 14. Jahrhundert. Sie ist im Stettiner Stadtmuseum ausgestellt.




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