
Wer Stettin und den alten Stadtkern besucht, sollte auch den sogenannten „Loitzenhof“, der sich unterhalb des Schlosses in der Frauenstrasse / Kurkowa 1 befindet, besuchen. Das Haus des heutigen Kunstgymnasium, trägt den Namen einer Familie, die aus Greifswald kam und in Stettin ansässig wurde – die Familie Loitz oder auch Loytz.
Begründet wurde diese einstige Dynastie durch Hans Loitz I., der 1433 nach Stettin zog, um hier als Fischhändler sein Glück zu machen. Das bereits erwähnte Haus wurde allerdings erst im Namen seines Enkels, Hans Loitz II., und dessen Frau Anna zwischen 1539 und 1547 errichtet. Von hier aus lenkte die Familie ihren Handel bis weit über die Grenzen des Landes.
Dabei gehörte die Familie – die ursprünglich aus dem Bauernstande hervorgegangen sein soll – bereits ab dem 15. Jahrhundert zu den wichtigsten der etwa 110 Geschlechter – bei denen uns u. a. Namen, wie die von Assen, Paul, Borrat, Wardenberg, Beringer, Goldbeck, Wigger, von Borcke, Fuge, Quast oder Glinde begegnen – die im Rate Stettins vertreten waren.
Ihre Bedeutung für die Stadt lässt sich auch durch weitere Dinge belegen: So war sie auch an der für den Heringshandel wichtigen Fitte bzw. Vitte aus 41 Buden auf Flasterbo beteiligt. Auch stellten „die Loitzer“ Stettiner Geistliche. Und: Loitz war – neben Stoppelberg – der Name jener als allmächtig geltenden Bürgermeister. Und dieser galt während der Reformation im Rat als Führer der Katholiken-Fraktion.
Auch zu erwähnen ist, dass das Stettiner Haus der Loitze und der Berliner Firma Andreas Lindholz das 1560 durch den Kurfürst Joachim II. verliehene Salzmonopol für den Handel nach Schlesien hatte…
Doch wie kam es zu diesem sagenhaften Aufstieg? Und wie kam es zum Untergang der Loitz bzw. Loytz-Dynastie?

Die Loitz-Gesellschaft. Sie entstand im Jahre 1539 mit dem Tode des Stettiner Kaufmanns Hans Loitz, trieb u. a. Handel im Gebiet der Hanse mit Getreide, Hopfen und Holz. – Nicht zu vergessen: Der bereits angesprochene Hering! Handelte Hans Loitz von Stettin aus, wickelten die Brüder Michael und Simon die Geschäfte in Danzig und Stephan in Lüneburg ab.

E. Volckmann resümierte im Jahr 1925 zum Handel der Familie:
„Die Loytz galten lange unter den Kaufleuten Stettins als die nach Geschäftsausdehnung und Reichtum bedeutendsten…“
Da sich die Loitz-Gesellschaft allerdings schon bald nicht mehr mit dem Warenhandel begnügte, sondern auch Anleihegschäfte durchführte, kam es durch die nicht erfolgte Rückzahlung der gewährten Kredite von den Schuldnern zu Ausfällen bei der Loitz-Gesellschaft. Diese führten dann schließlich 1572 zum Bankrott der Gesellschaft.

Dies wiederum sollte ein harter Schlag für Pommern sein, denn: neben der Bedeutung des Bankhauses für Norddeutschland hatte die Familie, wie anfangs erwähnt, auch politisches Gewicht. Auch unterstützen sie durch Anleihen Markgraf Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach, was Kaiser Karl missfiel, so dass dieser sogar den pommerschen Herzogen Barnim und Philipp befahl, gegen Stephan Loitz vorzugehen, weil dieser mit „allerlei Praktiken“ mit den Feinden des Reiches in Verbindung stehe.
Mit seinem Geld- und Kreditverkehr war das Bankhaus Loitz eben nicht nur zum Mittelpunkt der Fianzwirtschaft in Pommern sondern auch für Fürsten, Adlige Städte, Stiftungen, Kaufleute und Handwerker geworden. Sie vertrauten ihr Geld dem Bankhaus für Zinsen von bis zu 12% an. Für pommersche Adlige war das Bankhaus Loitz daher zu einer wichtigen Quelle geworden, die geradezu unerschöpflich schien – da Unzählige hier ihr Geld anlegten oder Anleihen aufnahmen.
Schon damals kam es übrigens in den Finanzen zu einigen Unregelmäßigkeiten: 1552 – also 20 Jahre vor dem Bankrott – kreditierte beispielsweise Kurfürst Joachim II. Kapital und 6% Zinsen an Stephan und Hans Loitz in Stettin. Trotz Beschwerden beider Teile kam es nicht zur Tilgung der Schulden.
Nachdem Bogislaw von Stettin zu Gunsten der Loitzschen Bürgen und Erben die Bürgschaft übernahm, wurden letztlich wohl nur 4% der Zinsen entrichtet, während die Quittungen darüber so ausgestellt wurden, als seien 6% gezahlt worden – aufgedeckt im übrigen 1692 durch den Hofrentmeister v. Stillen.
Und: Als beispielsweise der pommersche Herzog (Wolgast) vom Bankhaus Loitz die Summe von 25.000 Gulden entlieh, wurde die Bürgschaft dafür durch Städte wie Stettin übernommen…
Auch Jahrhunderte später fiel es noch schwer, einen Überblick zu erhalten, über wieviel Vermögen die Familie Loitz wirklich verfügte oder welche Summen verliehen bzw. aufgenommen wurden. Und: Selbst der Bürgermeister und Lokalhistoriker Paul Friedeborn (1572-1637), der sowohl den Hochmut und Stolz der Familie tadelte, rühmte gleichzeitig die Mildtätigkeit der Familie Loitz, die in Stettin neben dem auch Schweizerhof genannten Wohnhaus mehrere Häuser, Speicher sowie Land vor dem Mühlentor besass.
Das besagte Wohnhaus an der „Berglehne zwischen Fuhr- und Frauenstraße“, welches heute saniert und zu bewundern ist, war im Übergang vom gotischen Baustil zur Renaissance errichtet worden. Der Wohlstand der Familie drückt sich dabei auch durch die ansehnliche Fassade des stattlichen Treppenturmes aus. Schon vor einhundert Jahren bewunderte man zudem die Holztäfelung eines Saales im Obergeschoss und machte sich Gedanken, wer hier wohl ein und aus ging oder welche Geschäfte hier ausgehandelt wurden.
Das Beispiel der Familie Loytz zeigt auch ein Stück weit der Vergänglichkeit von Ruhm und Ansehen. – Während einige, wie der pommersche Kanzler Jacob von Zitzewitz (1507-1572), damals wohl ahnten, was zu erwarten sei, wurden andere von dem Bankrott unerwartet überrascht und mussten hohe Verluste hinnehmen.
Niedergänge wie diese gab es sowohl damals – wie das Bankhaus Loitz zeigt – als auch heute – wie beispielsweise 2008 mit der Lehman-Pleite… Warum? Weil Macht und Gier bis heute bei einigen zu den menschlichen Trieben gehören.





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