Die Traditionsträger vom 42er Regiment (Foto: )

Im Süden der Insel Rügen liegt Groß Stresow. Hoch über dem kleinen alten Fischerdorf thront der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. auf einer über 15 Meter hohen Säule – eine Landmarke. Unterhalb dieser steht der Nachbau des „Verräterhauses“ von dem schon der Rüganer Ernst Moritz Arndt zu berichten wusste. Der Legende nach hatte Johann Meußling hier auf dem Dach des ursprünglichen „Rookhuses“ ein weißes Laken gespannt, um eben jenem legendären preußischen König die Navigation und Landung in der Stresower Bucht zu ermöglichen. Der Preuße nahm die „Einladung“ dankend an und schlug am 15. November 1715 mit 20.000 bis 24.000 Soldaten unter der Führung des „alten Dessauers“ die Schweden in die Flucht…

Und an diesem militärgeschichtlich bedeutenden Ort Rügens luden nun am 18. September 2024 die Traditionsträger des 5. Pommerschen Infanterie-Regiments Nr. 42 zu einem Vortrag über Stralsund als Festungsstadt und die Geschichte des fest mit der Region verbundenen Regiments ein. Oberleutnant der Bundeswehr Nils Kujat wurde dazu von zwei Kameraden des Traditionsträgers begleitet. Diese hatten auch Ausstellungsstücke aus der Sammlung des 42er-Regiments aus Anlass des Vortrages mitgebracht.

Gleich zu Beginn machte Kujat darauf aufmerksam, dass es dem Soldaten, der selbst mehrfach im Afghanistan-Einsatz gewesen ist, gemeinsam mit seinen Kameraden bei der Traditionspflege keineswegs um Kriegsverherrlichung gehe, sondern darum, das Andenken an die „42er“ als Teil der Regionalgeschichte zu bewahren. Dieser ehrenamtlichen Selbstverpflichtung kommen die Kameraden vor allem durch die Aufarbeitung der Regimentsgeschichte und der Pflege von Denkmälern, wie der Sternschanze auf dem Dänholm und Grabmalen nach.

Weitaus populärer (aber seltener) sind die Auftritte der „42er“ in ihren historischen Friedensuniformen. Ob zur Einweihung von Denkmälern oder zum Herbst-Manöver. Die Soldaten mit ihren „Pickelhauben“ – oft auch begleitet durch Damen – machen so natürlich etwas her und sorgen für den einen oder anderen Schnappschuss  mit dem Mobiltelefon. Dabei können es die Soldaten mit weiteren pommerschen Uniformträgern der „42er“, wie Hardy Krüger im Film „Die Gans von Sedan“ (1959) durchaus aufnehmen.

Doch zurück zum Regiment und seiner Geschichte: In Stralsund, der alten Festungsstadt, die sich mit dem Widerstand der Stralsunder gegen Wallenstein, mit dem „Marschall Vorwärts“ (von Blücher) und dem Tod des Offiziers Ferdinand von Schill verbindet, wurden die „42er“ am 5. Mai 1860 zunächst als 2. Kombiniertes Infanterieregiment aufgestellt. Im Anschluss hatte man dieses dann zum 5. Pommerschen Infanterie-Regiments Nr. 42 umgegliedert. Die Zugehörigkeit zum Regiment war äußerlich bereits durch Schulterklappen mit der „42“ und ab 1890 auch durch deren weiße Farbe leicht auszumachen.

In der Friedensgliederung gehörten die „42er“ übrigens zum 2. von insgesamt 17 deutschen Armeekorps. Besagtes Armeekorps befand sich in Stettin. Es bestand jedoch aus zwei Divisionen – der 3. Division und der 4. Division. Diese 3. wiederum, wozu auch die „42er“ zählten, gliederte sich in zwei Infanterie- und eine Kavalleriebrigade – beheimatet in Stralsund und Greifswald. 1880 wurde den „42ern“ der Ehrenname „Prinz Moritz von Anhalt-Dessau“ verliehen, da sie ihre Wurzeln in den Landwehrbatallionen unter dessen Führung hatten.

Zeitweise nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 in Metz ansässig, wurde das Regiment 1886 wieder nach Stralsund verlegt. Hier befanden sich – nach dem Garnisonsausbau durch Preußen – die Quartiere u. a. in der Mühlenstraße und am Katharinenberg. Noch heute Teil des Stadtbilds ist das Garnisionslazarett am neuen Markt. Der Bau, aus Steinen regionaler Ziegeleien errichtet, zeigt auch die wirtschaftliche Bedeutung des Militärstandortes. Die Kaserne am Frankendamm wurde am 6. Oktober 1944 durch Bomben zerstört.

Viel zu wenig Beachtung findet heute auch, dass die „42er“ Teil des öffentlichen Lebens waren. So trugen Schneidereien und Schuster Sorge für die Einkleidung, Fleischereien, Bäckereien und die Stralsunder Brauerei für das leibliche Wohl. Militärkapellen spielten auch in Gartenlokalen und Gaststätten auf und die „42er“ selbst, rekrutierten sich aus Männern der Insel Rügen und des pommerschen Festlandes. Diese enge Verhältnis zwischen Regiment und Einwohnern zeigt sich auch auf alten Fotos und Collagen der Dienstzeit.

Wie weit diese Bindung reichte, lässt sich an einem Foto zum 100. Jubiläum der Aufstellung des 5. Pommerschen Infanterie-Regiments Nr. 42 – 1960 sehen: Weit nach den Teilnahmen am 1. Weltkrieg und der nachfolgenden Auflösung sowie dem Weggang vieler Stralsunder und Rüganer nach dem 2. Weltkrieg in den Westen, trafen sich Veteranen der „42er“ in Hannover, um sich an ihre gemeinsame Zeit in dem pommerschen Regiment zu erinnern und ihre lebenslange Bindung an dieses Regiment zu bekräftigen.

Für die an die 50 Gäste der Veranstaltung war dieser Vortrag über die regionale Geschichte des mit Rügen eng verbundenen Regiments sicher etwas Neues. Die Traditionsträger der „42er“ freuten sich vor allem über die große Resonanz.


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