
Er war 63 cm lang, 33 cm breit und 26cm hoch: Der sogenannte „Cordula-Schrein“. Verschollen seit dem Ende des 2. Weltkrieges ist das schiffsförmige Behältnis heute lediglich als Nachbildung – u. a. in einigen deutschen Museen zu betrachten.
Wie der Panzer einer Schildkröte wirkt der nachgebildete Schrein auf Betrachter und robust, auch bedingt durch seine Bronze-Beschläge mit Tierköpfen, welche an Drachen und Greif erinnern. Sie fassen die kunstvoll eingearbeitete kleine Klappe, seitlich mit Schloss gesichert.
Die Nachbildung mit ihren kleinen Füssen, ist natürlich leer. Im verschollenen Original soll sich ein Relikt vergangener Zeiten befunden haben: Ein Teil der Gebeine der heiligen Cordula. Die Bedeutung dieser wird durch verzierte Flächen der Wandungen aus Elchgeweih deutlich.
Allerdings hat der pommersche Pathologe und Prähistoriker Rudolf Virchow (1821-1902) bereits im Jahre 1875 den Inhalt des Schreins als Fälschung bezeichnet. Nach seinen Angaben handelte es sich bei den menschlichen Überresten aber um die einer älteren Frau…
Wenn man den Überlieferungen lieber glauben mag, kam das Relikt vor 1.000 Jahren nach Skandinavien, wo ein unbekannter Künstler dessen Hülle schuf. Als nun die Pommern unter Herzog Ratibor I. 1135 gegen die Siedlung Kungahälle, nördlich von Göteborg, zog, raubte er es.
Wenn diese Legende stimmen würde, wären also Teile der Heiligen Cordula, die von königlicher Abkunft gewesen sein soll und um das Jahr 304 (oder 451?) nach Christus Opfer der Hunnen wurde, auf diese Art nach Cammin in Pommern gekommen.
Allerdings gibt es dazu auch eine weitere Darstellung. Nach dieser soll der Schrein von Asker, dem ersten Bischof von Lund, stammen und an den Apostel der Pommern, Otto von Bamberg, als Geschenk gegangen sein.
Das auch als „Schrein von Cammin“ bezeichnete Relikt, schwedisch als „Camminskrinet“ beschrieben, kennt aber auch noch eine weitere Legende der Herkunft. Abgebildet im Jahre 1907 im Illustrierten Familienblatt „Gartenlaube“ wird dazu ein anderer Ursprung skizziert.
So soll der Schrein ursprünglich aus der Jomsburg, auf dem Silberberg bei Wollin, stammen und dann in den Besitz des sagenumwobenen Vineta übergegangen sein. Nach der Zerstörung der „Wendenstadt“ kam der Schrein angeblich zum Kirchschatz des Doms von Cammin.
Allen drei Erklärungen mangelt es nicht an Ausschmückungen der Darstellung. Und so, wie sich über die Herkunft des Schreins der „Nebel der Geschichte“ legt, so ist es auch mit dessen Verbleib. Bis zum Frühjahr 1942 war er Teil des Domschatzes von Cammin.
Dann wurde er zusammen mit weiteren bedeutenden Stücken auf der Grundlage einer Anordnung des Reichsministers für Luftfahrt vom September 1939 zur Vermeidung von Bombenschäden nach Benz, dem Sitz der Familie von Flemming, ausgelagert. Dies ist dokumentiert.
Die Kisten mit dem Inventar befanden sich bis zum Morgen des 5. März 1945 noch in Benz und wurden dann auf Treckwagen des Grafen von Flemming verladen. Allerdings wurde der Treck noch am gleichen Tag zwischen Parlowkrug und Alt-Tessin von der Roten Armee überrollt.
Während der Hochaltar des Camminer Doms, Ölbilder und ein Kruzifix später durch Polnische Behörden in der Benzer Kirche sichergestellt und nach Cammin zurückgeführt wurden, blieb der Schrein bis zum heutigen Tag verschollen…
Von dem Camminer Schrein gibt es gleich mehrere Nachbildungen, die aus den Berliner Museumswerkstätten stammen. Es ist anzunehmen, dass es bereits im 19. Jahrhundert zu ersten Nachbildungen kam. In Pommern gibt es heute noch zwei.
Heute kann man den nachgebildeten Schrein im Pommerschen Landesmuseum Greifswald und im Camminer Dom bewundern. Letzterer war ein Geschenk der Camminer Heimatgemeinschaft, so dass der Kreis der Geschichte sich wieder geschlossen hat.




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