Er war wohl einer der populärsten Sportler in der DDR, es wurde viel darüber erzählt, wer er gewesen sei, aber keiner wusste, woher er wirklich kam… Die Rede ist von einem Widerstandskämpfer, Deutschen Meister im Ringen, Teilnehmer der Olympiade von 1936, der 2008 in die „Ruhmeshalle des deutschen Sports“ aufgenommen wurde – er kam aus Stettin. – Sein Name? Werner Seelenbinder.
Interessant ist vor allem, dass man von ihm so viel und doch wieder so wenig wusste. Zum Beispiel über seine Eltern:
Dass waren Martha und August Seelenbinder. Durch ein Stettiner Adressbuch erfahren wir heute, dass die Familie Seelenbinder in der Auguststraße 8 (etwa Królewicza Kazimierza), in der 2. Etage wohnte. Der Vater, ein Maurer, zog später mit der Familie kurz vor dem 1. Weltkrieg – wahrscheinlich ist bereits das Jahr 1911 – nach Berlin, in die Schievelbeinstraße 86. In der Hauptstadt betrieben Werner Seelenbinders Eltern einen Gemüse- und Kolonialwarenladen in der Weserstraße 29 im Friedrichshain.
Zum Beispiel über Geschwister: Es ist wohl auch kein Zufall, dass in der Ringermannschaft des SC Berolina Neukölln (1924-1929) gleich zwei Seelenbinder zu sehen sind: W. Seelenbinder und F. Seelenbinder. Bei der Anzahl der Familien in Berlin, die den Namen Seelenbinder – zum Aufzählen würde eine Hand reichen – trugen, liegt es nahe, dass „F. Seelenbinder“, ein Bruder von Werner war. Haben Sie schon mal gehört, dass er einen Bruder hatte? Und wenn nein, warum?
Wer sich heute mit Werner Seelenbinder und seinem Leben echt auseinandersetzt, erkennt schon bald, dass es den Mythos und den Menschen gab. Die Wahrheit aber, bleibt wohl in Bezug auf diesen Stettiner weitestgehend Interpretation. – Dennoch, es gibt Fakten:
Seelenbinder war Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Als Ringer war er vielfacher Berliner Meister, sechsmaliger Deutscher Meister im Halbschwergewicht (1933, 1935, 1936, 1937, 1938 und 1941) und trat für Deutschland zur Olympiade 1936 an, wo er den 4. Platz belegte. – Gerade zu seltsam mag in diesem Zusammenhang erscheinen, dass der Widerstandskämpfer Seelenbinder auf Grund seiner Bekanntheit eine Einladung zu einem Bankett in die Reichskanzlei erhielt, ihr folgte und mit Leni Riefenstahl und Adolf Hitler an einem Tisch gesessen haben soll…
Seine Jugendzeit war nicht einfach, der Vater wurde in den 1. Weltkrieg eingezogen, die Mutter, die den Laden führte, starb früh. Und die Nachkriegszeit war durch Inflation und Wirtschaftskrise geprägt. Da war der Sport sicher Halt und Ausgleich in einer „Welt, die aus den Angeln geraten war“… Gelegenheitsarbeit, eine Anstellung als Transportarbeiter, später in einem Rüstungsbetrieb beschäftigt. – Aber: als unabkömmlich („UK“) gestellt, weil dies „im Reichsinteresse“ lag. Daneben illegaler Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
Anfang der 40er Jahre durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) festgenommen, in verschiedenen Konzentrationslagern und Zuchthäusern in Haft, schliesslich durch den Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Nach mehrfachen Gnadengesuchen, die abschlägig beschieden wurden, dann im Zuchthaus Brandenburg-Görden enthauptet. Sein Leichnam wurde anschliessend im Krematorium Brandenburg eingeäschert.



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