
Dort, wo in Stettin die Neustadt entstand, lebten auch viele Stettiner, über die wir an dieser Stelle berichten. Kurt Tucholsky – zum Beispiel. Das Haus – zu jener Zeit Kronprinzenstraße 29 – ist schön hergerichtet und ideale Vorstellung für den Gedanken, dass hier auf dem schönen Balkon des 1. Stockwerkes Folgendes – wie es Tucholski später selbst beschrieb – stattfand:
„Die Sonntagnachmittage zu Stettin, an denen mein Vater auf dem Balkon saß, eine Pfeife rauchte und auf die Sonntagsausflügler sah, die furchtbar eilig auf den Paradeberg wallen mussten. Er sprach das Wort, das ich von ihm geerbt habe, mehr vielleicht, als gut ist. ,Wie sie rennen! Wie sie rennen!‘“
Tucholskis Vater, er trug den Vornamen Alexander – kurz „Alex“. In Greifswald geboren, startete er seinen Berufsweg als Buchhalter der Berliner Handels-Gesellschaft. Für diese war er dann als Direktor und auch in der Funktion als Vorstandsmitglied der der Aktiengesellschaft für Verkehrswesen (AGV) – mit seiner Familie zurück nach Pommern – genauer nach Stettin gezogen. Diese war die „Muttergesellschaft“ der Eisenbahnbau- und Betriebsunternehmung Lenz & Co. GmbH, deren Ursprünge bis in das Jahr 1892 zurück reichten und die ihren Sitz ebenfalls in Stettin hatte.
So verbrachte auch der 1890 in Berlin geborenen Kurt Tucholsky sein 3. bis 9. Lebensjahr in der Odermetropole. – Wo er sein erstes Wissen erlangte? Wir wissen es nicht. Aber: Der Wohlstand zu dem es sein Vater gebracht hatte, sorgte trotz seines frühen Todes (1905), dafür, dass Kurt nach seinem Umzug nach Berlin sowohl der Besuch des Gymnasialunterrichts als auch sein späteres Jurastudium ermöglichten. Auch wenn seine Liebe da schon dem Schreiben galt, schloss er das Studium ab und promovierte 1914 mit einer Dissertation zum Hypothekenrecht zum Dr. jur.

Zu jener Zeit hatte er bereits seinen ersten wesentlichen Erfolg als Autor mit „Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte.“ gefeiert. Daneben begann Kurt schon bald sich an den politischen Debatten „mit der Feder“ – u.a. in der „Weltbühne“ – zu beteiligen, musste aber letztlich Ende der 20er Jahre einsehen, dass die Möglichkeiten der kritischen Publizistik in Deutschland beschränkt waren, Deshalb wählte er für sich letztlich das schwedische Exil. Währenddessen verbrannten die Nationalsozialisten seine Bücher und erkannten ihm die deutsche Staatsbürgerschaft ab.
Nach 1935, als Tucholsky aus dem Leben ging, schloss sich dennoch auch im Exil noch ein Kreis: Seine Asche wurde im Sommer 1936 unter einer Eiche nahe Schloss Gripsholm beigesetzt. Hier, wo er mit seinem Werk „Gripsholm“ noch einmal ein „Buch für Verliebte“ aufschlagen sollte, welches Kurt, genannt Peter, und Lydia, die er meist nur „Prinzessin“ nennt, über die pommersche Heimat seiner Vorfahren nach Schweden reisen liess, fand er denn doch noch eine letzte Ruhe…
In Rheinsberg, das soll an dieser Stelle, nicht vergessen werden, befindet sich heute übrigens ein Tucholsky-Museum. Und sogar eine Kurt Tucholsky – Gesellschaft gibt es.
Nachtrag:
Eigentlich wäre 2025 wieder einmal ein Tucholsky-Jahr – Vor 135 Jahren geboren, vor 90 Jahren gestorben. Aber diese Form der Auseinandersetzung mit Lebenswerken finden an anderer Stelle statt: Zwischen Buchdeckeln und zwischen Daumen und Zeigefinger.

Abschließend aber sollen an dieser Stelle noch ein paar Gedanken von Kurt Tucholsky von dem Schauspieler Dieter Mann zum bereits vergangenen Jahreswechsel – Silvester – ausgesprochen werden…




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