Wer von Stettin in Richtung Danzig unterwegs ist, dem ist Gollnow ganz sicher ein Begriff. Praktisch vor den Toren der Stadt und in nur etwas über 30 km Entfernung liegt Gollnow / Goleniów.

Am 1. Juli 1268 – also vor 775 Jahren – wurde Gollnow das Stadtrecht verliehen. Damit übernahm der pommersche Herzog Barnim I. damals auch das Patronat über die Kirche und erkannte das selbst entworfene Siegel der Stadt an; bestätigte und verlieh es. Dieses zeigte damals übrigens noch ein Schiff, mit dem Bug und Steuer nach links fahrend, aus dem Mast wuchs ein Nadelbaum und in dessen Krone war ein pommerscher Greif zu sehen, der sich ebenfalls nach links wendete. Das Wappen selbst war an der entsprechenden Urkunde der Stadtverleihung angehängt gewesen.

Längst waren zu diesem Zeitpunkt beide Stadtteile, rechts und links des Flusses Ihna, zusammengewachsen, so dass es für Barnim I. die Veranlassung war, die Stadtrechte nach Magdeburger Recht zu vergeben. Dieses erstreckte sich übrigens auch auf die umliegenden Dörfer und Flecken. Und obgleich die deutsche Stadt zunächst Vredenheide genannt wurde, setzte sich am Ende der alte Name Gollinog und damit in Abwandlung dazu Gollnow durch. Die Ihna aber, jener auch als „100-Miunten-Kanal“ von Friedrich II., dem „Alten Fritz“ bezeichnete Fluß, sollte eine ihrer Lebensadern werden.

Von Stargard aus schiffbar, trug sie Prähme und Leichterschiffe bis nach Gollnow. Von hier aus gingen die Güter dann auf den früher legendären „Ihna-Kähnen“, die bis zu 1.000 Tonnen Ladegwicht fassen konnten, an der alten Stadtmauer mit seinem Münz- und Pulverturm vorbei bis zur Ihna-Mündung. Dabei waren die Kahnschiffer (im Volksmund „Kahntucker“ genannt) auf die Hilfe von Treidlern angewiesen. Letztes Ziel des Transports war aber Stettin oder – wenn „Schmiedeberger Raseneisenerze“ geladen waren – auch Torgelow. Doch diese Lebensader ist heute weitestgehend „versandet“.

Wer gegenwärtig die Alte Ihnabrücke überschreitet, kann dennoch einen weitestgehend ursprünglichen Anblick erleben: Zum Beispiel, wenn sein Blick entlang des Kanals zur ehemaligen Knaben- und Mädchenschule in den Wällen streift. Auch der alte Speicher ist von der Ihnabrücke (linker Hand) noch gut erhalten geblieben. Direkt gegenüber aber kann man am Ihna-Kanal – immer die Mauer entlang – spazieren und bei dem Münz-(achteckig) und Pulverturm (rund) anschließend durch das „Wassertor“ zur Bollwerkstraße gelangen. Sie führt an der St. Katharinenkirche vorbei und endet am „Wolliner Tor“. Wer dann das Stadttor durchschritten hat, findet sich auf der Stepenitzer Straße wieder. Von ihr zweigen linker Hand die Fürstenflagger Straße (in Richtung Oder) und rechter Hand die Naugarder Straße ab.

Allerdings lohnt es sich in der Altstadt noch etwas der St. Katharinenkirche zuzuwenden. Die dreischiffige Hallenkirche mit ihren wirkungsvollen Kreuz- und Sterngewölben entstammt dem 15. Jahrhundert. Wie alte Überlieferungen berichten wurden sie zwischen 1865 und 1867 zu einer der schönsten Stadtkirchen der pommerschen Provinz ausgebaut. Wer die alte Hansestadt Gollnow an der Ihna besucht, muss allerdings bei der Altstadt heute einige sichtbare Abstriche bei seinen Erwartungen machen. Sie ist, wie viele andere pommersche Städte im zweiten Weltkrieg, durch Zerstörung arg in Mitleidenschaft gezogen worden; viele der historischen Bauten sanken damals in Schutt und Asche, zudem haben sie tiefe Narben in das Stadtbild geschlagen. Auch ist dieses zeitliche Kapitel von Flucht, Vertreibung und späterer Aussiedlung  der Gollnower überschattet gewesen. Diese Geschehnisse machen eine Spurensuche für Gäste heute nicht einfacher. Eines wird jedoch bei einem Besuch deutlich: Das gegenwärtige Gollnow ist auf einer Selbstfindung, verhaftet zwischen einer langen Geschichte und einer erst noch zu gestaltenden Zukunft. Sicher keine leichte Aufgabe!


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